Stieglitz [engl. Goldfinch]
Der Stieglitz [Distelfink] (Carduelis carduelis) [Länge 12 cm, Familie der Finken (Fringillidae), Geschlechter ähnlich] ist Brutvogel in Europa (ohne die nördlichen Regionen von Skandinavien, Finnland und Russland), in Nordwest-Afrika, Kleinasien und Zentralasien bis zur Mongolei und West-Sinkiang (in Südamerika, Australien, Neuseeland und auf den Bermuda-Inseln wurde er eingeführt). Wegen seines bunten Gefieders und quirligen Gesangs war und ist er (nicht immer legal) ein häufig gehaltener Käfigvogel und auch ein beliebtes Motiv der Malerei des Mittelalters und der Neuzeit. Vom Naturschutzbund Deutschland wurde der Stieglitz 2016 zum Vogel des Jahres gewählt um darauf aufmerksam zu machen, dass sein Bestand hierzulande künftig gefährdet sein könnte aufgrund des Mangels an Nahrungspflanzen (Disteln, Kratzdisteln, Wiesenbocksbart, u.a.) in den intensiv genutzten Kulturlandschaften. Auf dem ersten Foto ein adulter Vogel am herbstlichen Blütenstand einer Sonnenblume. Bruthabitate sind offene und halboffene Landschaften mit lockerem Baum- und Strauchbestand, die Randbereiche lichter Misch- und Nadelwälder, große naturbelassene Gärten, Parks und sogar die Innenbereiche von Ortschaften, in denen genügend Bäume und Brachflächen vorhanden sind.
Im weitaus größten Teil seines Brutareals ist der Stieglitz Jahresvogel, in den nördlichen Brutgebieten Sommervogel und Kurzstreckenzieher mit Winterquartieren in den südlichen Regionen des Verbreitungsgebiets. Die Nahrung ist hauptsächlich pflanzlich: Samen von mehr als 100 Wildkräutern (insbesondere von Korbblütlern, aber auch von Birke, Erle, u.a.). Insekten und deren Larven dienen nur zur Fütterung der Nestlinge in den ersten Tagen nach dem Schlüpfen. Im Herbst und Winter auch gerne Besuch von häuslichen Vogelfutterstellen. Nestbau in Bäumen oder hohen Sträuchern auf den äußersten Zweigen in Höhen von 3 - 12 m. Legebeginn Ende April bis Anfang Mai, spätestens Anfang August. Gelege enthalten 4 - 6 Eier. Brutdauer 11 - 13 Tage. Nestlingszeit 13 - 18 Tage. Beide Elternvögel füttern. Die ausgeflogenen Jungvögel werden noch bis zu 3 Wochen von den Altvögeln geführt. Auf dem zweiten Foto ein schon selbständiger Juv. an den Fruchtständen der Behaarten Karde. Auf dem dritten Foto ein Jungvogel im Stadium der Jugendmauser. Meist 2 Jahresbruten. Bruterfolg gering (in SW-Deutschland nur ca. 20 % der Bruten erfolgreich).
In Deutschland ist der Stieglitz-Bestand (ca. 400.000 BP ; zum Vergleich: Buchfink 5 - 10 Millionen BP) noch stabil, in anderen Teilen Mitteleuropas aber abnehmend aufgrund des zunehmenden Mangels an Nahrungspflanzen in den intensiv bewirtschafteten Agrar- und Industrielandschaften. Zum Schluss noch eine kleine Anekdote aus dem Garten des Autors. Im Herbst 2020 wurde das hier vorhandene Vogelfutterhäuschen regelmäßig von einem Stieglitz (ob Männchen oder Weibchen, sei dahingestellt) besucht, der sich als ausgesprochen dominant zu zeigen versuchte. Besuche der Futterstelle von Blaumeisen, Kohlmeisen, Sumpfmeisen und Haussperlingen wurden stets mit Erfolg abgewehrt. Der Kleiber aber ließ sich von den Drohungen und Attacken des Stieglitz nicht beeindrucken und vertrieb letzteren aus dem Futterhäuschen. Mit einem Star gab es hingegen ein friedliches Miteinander (siehe viertes Foto). Oder sollte man besser sagen: Hier siegte beim Stieglitz der Respekt vor dem starken Schnabel des wesentlich größeren Vogels ?
Quellen der Informationen zur Art
(1) Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas (H.-G. Bauer et al., Hrsg.) AULA-Verlag, Wiebelsheim 2012; (2) Der Kosmos Vogelführer (L. Svensson et al.) Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co., Stuttgart 2011; (3) Das BLV Handbuch Vögel. Alle Brutvögel Mitteleuropas (E. Bezzel) Gräfe & Unzer Verlag GmbH, München 2019
Zur übergeordneten Seite
Finken